Vor der Saison 2019 war die Angst in der DTM groß, dass die Teams durch die neuen Turbo-Motoren gröbere Reifenprobleme bekommen könnten - denn die Hankook-Reifen hatten sich über den Winter nur bedingt verändert, während die Boliden dieses Jahr nicht nur um über 100 PS mehr haben, sondern auch die Drehzahl durch die Turbos nicht linear verläuft.
Auch bei Hankook war eine gewisse Unsicherheit vorhanden, gibt nun Hankook-Chefingenieur Thomas Baltes zu. "Nach den ersten Tests mit der neuen Fahrzeuggeneration hatten wir für die eine oder andere Strecke schon ein bisschen Bedenken", sagt er. "Da hätten wir nie gedacht, dass eine Einstoppstrategie nach einem Stopp in der ersten Runde möglich wäre."
Doch genau das hat vor allem BMW-Pilot Marco Wittmann diese Saison mehrmals gezeigt der in Misano und in Assen nach einem frühen Stopp jeweils vom letzten Platz zum Sieg beziehungsweise auf das Podest fuhr.
Fahrer spielt entscheidende Rolle
Wie das möglich war? " Die Teams lernen mit all ihrer Erfahrung, die sie mitbringen, sehr viel und haben dadurch den Umgang mit den Reifen sehr gut in den Griff bekommen", sagt Baltes. "Heute können wir sagen, dass auf keiner Strecke irgendeine Gefahr für die Reifen bestand."
Das zeige aber nicht nur, wie gut die Teams sich auf die neuen Bedingungen eingestellt haben. "Das gilt auch für die Fahrer, die wir nicht vergessen dürfen", sagt Baltes. "Denn je nachdem, wie der Fahrer speziell beim Aufwärmen mit dem Reifen umgeht, beeinträchtigt er auch das weitere Leben des Reifens. Und Bilder, wie wir sie bei den Tests gesehen haben, haben wir während der Saison nicht mehr gesehen."
Vor der Saison gab es sogar die Befürchtung, die Teams könnten mit den sieben Reifensätzen an einem Wochenende - 2018 waren es noch acht - nicht über die Runden kommen, wenn ein zweiter Boxenstopp notwendig ist. Doch auch das stellte kein großes Problem dar.
So bekamen die Teams die Reifen in den Griff
Aber wie ist es den Teams gelungen, die Reifen-Herausforderung zu knacken? "In die Gedanken, die wir uns vor der Saison gemacht haben, sind folgende Faktoren eingeflossen: Wir haben dieses neue Paket. Wir haben weniger Abtrieb. Wir haben mehr Drehmoment, also mehr Potenzial, Temperatur auf die Oberfläche des Reifens zu bekommen. Da dachte wir alle: Das Reifenmanagement wir schwierig", blickt BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt zurück.
Doch man hatte die notwendigen Mittel zur Verfügung, um die Herausforderung zu bewältigen: "Wir haben intelligente Ingenieure, sehr gute Fahrer und gute Simulatoren. Uns war also klar, dass wir es nach einigen Rennen hinbekommen werden, dass die guten Fahrer mit den Reifen eine ganze Renndistanz schaffen werden."
Das ist zwar bemerkenswert, es zeigt aber auch, wie schwierig es ist, die DTM über die Reifen langfristig spannend zu machen, weil sich die Teams und Fahrer mit all ihren Möglichkeiten früher oder später eingestellt haben werden.
Wie groß ist die DTM-Herausforderung durch neue Regeln?
"Das ist immer die Schwierigkeit: Man stellt eine neue Herausforderung auf und einige Zeit später wird sie geknackt", bestätigt Marquardt. Das zeigt auch die Einführung der Turbo-Boliden und die reduzierte Aerodynamik. "Ich habe unsere Fahrer gefragt, und alle haben gesagt, die Autos hätten zu wenig Power und zu viel Grip", erinnert sich der BMW-Motorsportdirektor.
"Jetzt haben wir die Sache umgedreht und dachten, dass wir dadurch einen großen Unterschied bewirkt hätten. Es ist heute nicht mehr so einfach, ein DTM-Auto zu fahren wie noch vor fünf Jahren, als es noch weniger Motorleistung, viel mehr Abtrieb und enorm viel Grip von den Reifen gab. Es ist schon eine Veränderung zu bemerken, aber die Fahrer kommen am Ende auch damit klar. Und das ohne Funk und mit weniger Training. Diese Jungs sind einfach gut."
Am Ende muss man vermutlich auf Gerhard Bergers Vorschlag zurückgreifen, um die DTM-Piloten wirklich herauszufordern. Wie der lautet? "Gerhard sagt: 1.000 PS, kein Abtrieb und ein unzerstörbarer Reifen", verrät Marquardt.